Im vorletzten Beitrag habe ich von meinem ersten Besuch in der Kinderwunschklinik berichtet. Ich habe auch schon angedeutet, dass dieser Besuch es emotional innehatte für mich. Neben einer Corona-Impfung war eine weitere Voraussetzung für die Behandlung in der Kinderwunschklinik, dass ich eine notarielle Vereinbarung mit einer Garantieperson abschließen musste. Aber was bedeutet das eigentlich – Garantieperson? Der Arzt erklärte es mir so: Eine Garantieperson würde sich im Falle dessen, dass mir etwas zustoßen würde, um das Kind kümmern. Eine Garantieperson, so versicherte er mir, sei auch eine Absicherung für mich. Da ich wüsste, dass das Kind in guten Händen sei, wenn mir etwas passiert.
Somit ging ich also aus der Kinderwunschklinik mit dem Auftrag, eine Person zu suchen, die sich ggf. um mein Kind kümmern würde, wenn es mir nicht mehr möglich sei. Danach begann für mich eine sehr traurige Phase, in der ich viel geweint habe. Nicht, dass der Besuch dort schon schwierig genug für mich war. Diese Person zu finden hat mir wirklich noch mal ordentlich zugesetzt. Ich habe mich plötzlich so absolut abhängig gefühlt. Abhängig vom Wohlwollen von anderen Menschen. Was wäre, wenn ich diese Person nicht finden würde?
Dazu kam, dass ich es so unglaublich ungerecht fand. Es fragt doch auch niemand Pärchen, ob sie sich vor der Zeugung eines Kindes eine Garantieperson gesucht haben. Sicher, ich verstehe den Grund für so eine Person absolut. Aber das als Voraussetzung zu nehmen, um überhaupt mit einer Behandlung anzufangen, das war schon hart.
Freundin oder Familie?
Da musste sie nun also her, die Garantieperson. Nur, wen sollte ich fragen? Für mich war schnell klar, dass ich niemanden aus meiner Familie fragen möchte. Meine Eltern sind beide bereits über 70 Jahre alt. Sich um ein Kind zu kümmern wäre von ihnen gar nicht mehr leistbar. Mein Bruder lebt im Ausland und es wäre schwer, dass die beiden eine vertraute Beziehung zueinander aufbauen. Auch liegt der Grund für meine Beziehungslosigkeit schließlich in meiner Kernfamilie: Sie sind alle nicht die bindungsfähigsten. In dieses Umfeld konnte ich mein ungeborenes Kind nicht ruhigen Gewissens geben. Also weitete ich meinen Suchradius auf meine Freundinnen aus.
Eine meiner langjährigen Freundinnen hatte ich besonders im Blick. Nach dem Termin in der Kinderwunschklinik hatte ich ihr vom Besuch dort am Telefon berichtet. Ich habe ihr auch von der Garantieperson erzählt, die ich nun brauchte. Und wie hilflos mich diese Notwendigkeit macht. Sie selbst hat auch ein Kind und war schwanger mit dem zweiten. Sie selbst sagte auf meine Frage hin, was denn mit ihrem Kind passieren würde, wenn ihr etwas passieren würde, dass sie es nicht wüsste, weil sie sich darüber noch nie Gedanken gemacht hätte. Und zack – da war es wieder, mein Gefühl der Ungerechtigkeit. Pärchen hatten es deutlich einfacher als ich.
Aber gut, die Situation muss ich nehmen, wie sie war. Und auch, wenn ich mich dabei sehr schlecht gefühlt habe, weil ich mich generell sehr schwer tue, andere Menschen um einen Gefallen zu bitten. Und einen Gefallen mit so einer Tragweite, das war umso schwerer. Aber ich habe sie direkt gefragt, ob sie es sich vorstellen könnte, Garantieperson zu werden.
Auf meine Frage hat sie sehr zögerlich reagiert. Die Gründe, die sie vorgebracht hat, konnte ich sehr gut nachvollziehen. Und trotzdem hat es mich sehr, sehr traurig gestimmt. Sie wollte darüber noch einmal mit ihrem Mann sprechen.
Ein paar Tage später sprachen wir also wieder miteinander. Und sie erklärte mir anhand mehrerer Punkte, weshalb sie und ihr Mann nicht bereit wären, weil weiteres Kind zu sich zu nehmen. Es täte ihr sehr leid, dass sie mir meinen Wunsch nicht erfüllen könnte. Das hat mich wirklich tief getroffen. Ich hätte umgekehrt sofort und selbstverständlich ja gesagt. Mir wurde bewusst, dass wir beide in dieser Freundschaft nicht bereit waren, das gleiche zu geben.
Auch wenn ich ihre Entscheidung aufgrund ihrer ersten Reaktion ein paar Tage zuvor bereits habe erahnen können. Auch, wenn ich ihre Gründe durchaus nachvollziehen konnte. Wenn nicht mal diese wirklich sehr gute Freundin sich das vorstellen konnte, wer würde es dann für mich machen? Ich war wirklich verzweifelt, auch Tage danach. Man, was das eine Scheißzeit!
Aufgeben war kein Weg
Aber ich wollte nicht aufgeben. Also ging ich gedanklich alle meine Freundinnen durch. Über die Tage entwickelte ich eine Liste im Kopf, wen ich nach und nach ansprechen wollte. Ich wog Kriterien ab. Wo sollte die Person wohnen? Wie kann ich gewährleisten, dass mein Kind und diese Person sich gut kennen? Welche Lebensumstände sollte sie haben? Wie sollte sie persönlich sein? Und auch: Mag ich ihren aktuellen Partner?
Zu dem Zeitpunkt habe ich mit einer anderen Freundin aus Kindertagen telefoniert. Irgendwie kamen wir auch auf das Thema zu sprechen und ich berichtete ihr von meiner Misere. Wie aus dem Nichts hat sie dann von sich aus angeboten, dass sie es machen würde. Da war ich absolut perplex und so unglaublich dankbar. Mich hat das sehr beruhigt. Ich wusste, ich habe eine Option. Sie lebt zwar 300 km entfernt, aber es gibt sie! Die 300 km wären zum Kennenlernen zwar eher schwierig, aber auch nicht unmöglich. Irgendwie könnte man es schon schaffen, dass die und das Kind eine Beziehung aufbauen. Ich habe weiter abgewogen: Diese Freundin hat bereits zwei Kinder. Und leider liegt die meiste Care-Arbeit in ihren Händen. Wollte ich ihr mit meinem Kind noch mehr Arbeit machen? Ich überlegte also weiter, wohl wissend, dass ich mit ihr eine Rückfall-Option habe.
Dann habe eine Freundin gefragt, die ich sehr mag und schätze. Die auch ganz in der Nähe wohnt, gut situiert ist und sie selbst noch kinderlos ist. Wir kennen uns sehr gut, haben schon diverse Urlaube miteinander verbracht und uns immer sehr gut verstanden. Mit ihr hatte ich ein sehr gutes Gefühl. Sie hat sich Bedenkzeit erbeten und wollte die Sache auch mit ihrem Freund besprechen. Nach einiger Zeit haben wir uns zu zweit zusammengesetzt und uns besprochen. Glücklicherweise wollte sie mich gerne in meinem Vorhaben unterstützen. Sie und ihr Freund fanden die Anforderungen an mich von der Kinderwunschklinik ebenso unmöglich und wollten mich gerne unterstützen. Sie teilte mir mit, unter welchen Bedingungen sie sich vorstellen könnte, es zu machen. Und sie wollte von mir wissen, wie ich mir das Ganze vorstellen würde. Welche Erwartungen ich an sie hätte.
Unsere Vorstellungen deckten sich zum Glück sehr und wir wurden uns schnell einig. Letztlich hat sie zugesagt. Die Suche war zu Ende! Und ich war so, so, so erleichtert.
Wie es dann weiter ging mit meiner Garantieperson und welche unverhoffte und unschöne Wendung sich dann noch ergeben sollte, erzähle ich in einem späteren Beitrag.
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