Alles ist vorbereitet
Nun war die Entscheidung also entgültig gefallen. Ich werde Solomama. Dass die Entscheidung richtig war, das wusste ich. Ich wusste, ich würde es im Alter bereuen, wenn ich es nicht versucht hätte, ein Kind zu haben. Und auch in der Situation, in der ich mich befand, war sie goldrichtig. Ich hatte seit Jahren darauf „hingearbeitet“.
Habe mir zunächst eine Führungspostition mit höheren Gehalt besorgt. Dann bei gleichem Lohn eine interessante Stelle mit weniger Verantwortung in einem tollen Team übernommen. Aber auch unabhängig davon habe ich durch die COVID-19-Pandemie den Wert meiner Anstellung noch einmal mehr zu schätzen gelernt. Mein Job war krisensicher. Finanziell war ich also gut abgesichert.
Dann bin ich umgezogen, um eine bezahlbahre Wohnung mit ausreichend Platz für mich und ein Kind zu haben. Auch das habe ich über Jahre vorbereitet.
Ich habe zudem viele Freundinnen und Freunde, die mir ihre Unterstützung zusagen. Sie helfen mir teilweise jetzt schon in meinem Vorhaben mit ihrem Wissen, ihren beruflichen Möglichkeiten und ihrer Liebe zu mir. Einige von ihnen haben ältere Kinder, die sie mir als Babysitter anbieten. Dieses weitreichende soziales Netz ist wichtig als alleinerziehende Mutter.
Auch habe ich in den letzten Jahren psychologisch viel an mir gearbeitet. Gerade mit meiner aktuellen Therapeutin habe ich noch einmal richtige Sprünge gemacht. Viele meiner Themen und Strategien werde ich daher nicht und nicht so ausgeprägt an mein Kind weitergeben. Das ist mir sehr wichtig, habe ich davon selbst eine große Portion Ballast von meinen Eltern mitbekommen.
Vieles spricht also dafür loszulegen. Vieles habe ich wirklich gut vorbereitet. Ich bin soweit. Ich mache die notwendigen Termine beim Notar und bei einer Psychologin für eine psychosoziale Beratung.
Und dann traf es mich mit voller Wucht.
Doch dann brach es nach dieser Entscheidung noch einmal über mir zusammen. Eine tiefe Trauer machte sich breit. So, wie ich es mir wünschen würde: Vater, Mutter, Kind. Das würde es für mich nicht geben. So, wie viele andere es leben. Mein Vorhaben war ab von der Norm. Und ich fühlte mich einsam und allein. Ich trauerte nicht nur um die Vorstellung der konservativen Familienidee. Ich trauerte auch um die konstruktive Paar-Beziehung, die ich mir schon lange sehnsüchtig wünschte.
Ich fand es so unfair, dass es bei mir auf normalem Wege nicht klappte. Seit Jahren arbeitete ich hart an mir. Ich sehe gut aus, bin witzig, intelligent, empathisch. Ich bin davon überzeugt, dass ein Mann an meiner Seite sich wirklich glücklich schätzen könnte.
Es ging soweit, dass ich all diejenigen, die Familie oder Paarbeziehungen hatten, nicht mehr ertragen konnte. Draußen wurde gerade Frühling. Alle lechzten nach Sonne, gerade nach zwei Jahren mit COVID-19. Ich habe mich zu Hause verschanzt, weil ich keine jungen Familien und frisch verliebte Pärchen ertragen konnte. Ich habe mich von Freunden distanziert, die gerade das erlebten, was ich mir so wünschte. Für diejenigen, die diese Zeit mit mir durchgemacht haben, war es sicherlich auch nicht einfach. Ich war durch und durch durchdrungen von Traurigkeit.
Ein paar Wochen hielt sie an, die Traurigkeit. Dann legte sich die Trauer so plötzlich, wie sie kam. Einmal musste ich sie scheinbar noch spüren, bevor ich mit meiner Entscheidung Frieden schließen konnte.
Ein Gedanke zu „Entscheidung gefällt. Ich tieftraurig.“
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